Über den Fotografen Bernd Arnold
Die kurzatmige Version
Aschermittwoch in einem Kölner "Beichtstuhl" zur Welt gekommen – leider evangelisch.
Bernd Arnold arbeitet als Fotokünstler und Fotojournalist für deutsche und internationale Printmedien. Die Rituale der Macht entdeckt Bernd Arnold in der Politik, Kirche, Halbwelt, Wirtschaft und in den Medien. Der Zyklus "Macht und Ritual" zeigt die Inszenierung von Führungsanspruch, Meinungs-Kontrolle und Religion wie sie in der modernen Gegenwartsgesellschaft stattfindet.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die Portrait-Fotografie. Die in Serien angelegten Portraits beschäftigen sich immer wieder mit dem Motiv der "Unbedeutenden Persönlichkeiten". Sie beziehen ihre Spannung aus dem Wechselspiel portraitierter Bekannter und bekannter Persönlichkeiten, der Nähe und Distanz und dem Vergänglichen des Augenblicks.
Die dokumentarisch-künstlerische Arbeit gliedert sich u.a. in die Werkgruppen "Macht und Ritual", "Black East Wild West", "Unbedeutende Persönlichkeiten", "Digitalis". Darin enthaltende Serien wie z.B. "Wahl Kampf Ritual", "Das Kölner Heil" oder "Warum ist es am Rhein so Schön?" waren bereits vielfach in nationalen und internationalen Ausstellungen zu sehen. Die Zyklen entwickeln sich im Laufe der Jahre aus einem Wechselspiel der freien und beauftragten Arbeiten, den Buch- und Ausstellungsprojekten.
Bernd Arnold hat Fotografie an der Fachhochschule Dortmund studiert. Er lebt und arbeitet in Köln.
Die langatmige Version
Aschermittwoch in einem Kölner "Beichtstuhl" zur Welt gekommen – leider evangelisch.
Vielleicht verdunkelte sich deshalb an diesem Tag die Sonne. Das Schauspiel jener Sonnenfinsternis war wieder und wieder in zahllosen Lichtspieltheatern auf aller Welt zu sehen: Auf Zelluloid gebannt bildete es den Hintergrund für die Kreuzigungsszene im Kinofilm Barabbas.
Es ist anzunehmen: Dies war die Ursache für Arnolds spätere Berufung zum Fotografen und seine stetige Suche nach Licht.
1983-1990 Studium der Fotografie an der FH Dortmund bei Prof. Hans Meyer-Veden und Prof. Adolf Clemens. 1987-1990 freie Mitarbeit für den Kölner Stadtanzeiger und die Kölner Illustrierte. Ab 1989 erste Auftragsarbeiten für den STERN und das ZEITmagazin. 1990 verlor der junge Fotograf leider seinen Studentenstatus mit der Diplomarbeit Nacht im Milieu bei Prof. Cindy Gates (FH Dortmund). Die Geschichte über Nachtleben und Halbweltmilieu im Kölner Friesenviertel und Eigelstein war der erste abgeschlossene Teil zum Zyklus Macht und Ritual.
In den folgenden Jahren arbeitet Arnold immer intensiver an seinem zentralen Thema der Macht und den Ritualen gesellschaftlicher Inszenierungen. Neben der zauberhaften Welt des Eros waren die weiteren Themen der Katholizismus in Köln, die Inszenierungen des demokratischen Wahlkampfes zur Findung des Kanzlers, die Gipfel der Weltwirtschaft und das Innenleben der Fernsehwelt.
Ab 1990 Hospitanz in der Bildredaktion DIE ZEIT. Gründung der Fotografengruppe ZAMPANOS, die sich mit ihren Restbeständen von drei Fotografen geschlossen zur damals noch unscheinbaren Fotografenagentur laif gesellte. 1998 folgte dann der Wechsel zur Fotografengruppe VISUM. Immer wieder entstanden im Auftrag Portraits, Portraitserien und Reportagen für Magazine und Zeitungen wie Capital, Der Spiegel, Die Zeit, Financial Times Deutschland, Focus, GEO, Impulse, Merian, Neue Züricher Zeitung, Playboy, STERN, taz, ZEITmagazin u.a.
1997 entstand in Zusammenarbeit mit Winfried Heininger, Markus und Christoph Schaden im Schaden Verlag die Monographie Das Kölner Heil. Der zweite Teil des Zyklus Macht und Ritual war damit abgeschlossen.
In den Jahren 1998 bis 2006 entwickelt Bernd Arnold in Zusammenarbeit mit Franz und Nadia van der Grinten in deren Kölner Galerie mehrere Projekte und Editionen. Die Ausstellungen Wahlkampfrituale und Wirtschaftsgipfel verbanden das Konzept einer Illustrierten mit dem Konzept einer Galerie. Unter dem Aspekt »Illustrierte zum Reingehen« entstanden Ausstellungen, die sich täglich durch neue Fotografien veränderte. Gleichzeitig wurden die am aktuellen Geschehen orientierten Bilder durch die Wirkung des Raumes in einen anderen Kontext gerückt.
Im Februar 2000 geht www.berndarnold.de mit dem aktuellen Design der horizontalen Sichtung ins Netz. Die Inhalte und Größe der Bilder wachsen beharrlich und die Seiten lassen sich nun fröhlich "responsieren" (seit 2021).
Ein weiterer Schwerpunkt ist die Portraitfotografie. In Serien angelegt, reflektiert sie das Motiv der Unbedeutenden Persönlichkeiten. Die Arbeiten beziehen ihre Spannung aus dem Wechselspiel portraitierter Bekannter und bekannter Persönlichkeiten, der Nähe und Distanz und dem Vergänglichen des Augenblicks.
Über das Buch- und Portraitprojekt Theaterszene Köln (im Auftrag der SK Stiftung Kultur) entwickelt sich ab 2001 mit Inka Neubert und ihrem Theaterensemble INTEATA eine Zusammenarbeit, die neben der Theaterfotografie auch die Produktion des Bühnenbildes in Form einer Projektion zu Lagarce Liebesgeschichte (Letzte Kapitel) beinhaltet. Unter anderem ist hier der Bühnenraum abfotografiert und wird wieder auf die Bühne projiziert und im weiteren Verlauf immer stärker verschachtelt. Schauspieler verlassen ihre Positionen und an deren Stelle bleiben ihre Abbildungen stehen.
Seit 2004 Berufenes Mitglied Deutsche Gesellschaft für Photographie (DGPh). Seit 2006 Mitglied Deutsche Fotografische Akademie (DFA). Hier stellt sich sogleich die Frage nach der richtigen Schreibweise: Photograph oder Fotograf?
Neben den Werkgruppen Macht und Ritual und Unbedeutende Persönlichkeiten beschäftigt sich Arnold seit 2006 noch auf andere Weise mit deutschen Zuständen und dem Thema der Heilssuche.
Das Portal beschreibt in den Gesichtern der Besucher des Kölner Doms die Schwelle zwischen Diesseits und Jenseits. Die Serie Die Zone dokumentiert die Kultur der Fußgängerzonen: Menschen auf der Suche nach Erlösung drängen sich in den engen Schluchten des Konsums. Black East zeichnet in düsteren Stadt-Räumen orientierungslose Menschen in unheilvoller Isolation. In Mimesis – Trügerisches Spiel sind die Ankerpunkte der Realität im Kölner Karneval nicht mehr eindeutig zu identifizieren.
Im Fluss der Bewegungen schwanken dunkle Massen, skurrile Situationen, schemenhafte Portraits und fragwürdige Details zwischen dem Realen und dem Erfundenen. Und der verbindende Titel zu diesem Zyklus lautet Black East Wild West.
Im Oktober 2013 erschien in Zusammenarbeit mit Christoph Schaden und dem Grafiker Knut Schötteldreier im Verlag Edition Panorama der Bildband WAHL KAMPF RITUAL aus dem Zyklus Macht und Ritual. Die Arbeit umfasst inzwischen zehn Bundestagswahlkämpfe von 1987 bis 2021.
Der immense Energiebedarf der Menschen und den damit verbundenen Hinterlassenschaften im Braunkohleabbau wird in den Serien Wild West und Wild West Supplement thematisiert. Damit ist 2016 der Zyklus Black East Wild West weitgehend abgeschlossen.
Im aktuellen und zugleich ältesten Zyklus Digitalis wird in verschiedenen Serien aus unterschiedlichen Richtungen der Übergang vom analogen ins digitale Zeitalter und die damit einhergehende Auflösung der Authentizität in der Fotografie, beiläufig dokumentiert.
Die drei neuesten Arbeiten aus dem Zyklus Digitalis beschäftigen sich mit den Herausforderungen der Zeitenwende.
Die im Juli 2022 erschienene Arbeit Raumforderung oder was ist Faschismus nimmt den aktuellen Krieg gegen die Ukraine und die zunehmende Ausbreitung autokratischer Bewegungen zum Anlass an die Merkmale des Ur-Faschismus zu erinnern. Die Arbeit ist an den 1995 gehaltenen Vortrag Der ewige Faschismus von Umberto Eco angelehnt.
So habe ich es gesehen (2021) und Essays – Die Welt der Neuen Bilder (2023) beschäftigen sich mit der zukünftigen Fotografie politischer Ereignisse und deren Wahrnehmung in Zeiten der zunehmenden Deepfakes. Was macht den Kern der Veränderung aus? Und wie wirkt sich das auf unsere Wahrnehmung aus, wie Fotojournalismus oder dokumentarische Fotografie rezipiert wird? Welche zukünftigen Bilder entstehen aus der veränderten Wahrnehmung? Und was ist eine Dichografie?
Der Zyklus Digitalis ist in der Gegenwart angekommen. Es scheint, dass die Veränderungen der gesellschaftlichen Strukturen und Systeme der letzten Jahrzehnte durch die Digitalisierung wohl ebenso fundamental sind, wie die durch die Erfindung des Buchdrucks durch Gutenberg.
Bernd Arnold lebt und arbeitet in Köln.